Worum geht es?
Die mittelständischen Bauunternehmen in Bayern beschäftigen über 76 % aller Arbeitnehmer am Bau, bilden mehr als 80 % aller gewerblichen Lehrlinge aus, erwirtschaften mehr als 77 % des Umsatzes und leisten rund 70 % des Unternehmenssteueraufkommens. Der Erhalt und die Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur in Bayern kann nur bewältigt werden, wenn man die mittelständischen Bauunternehmen durch eine mittelstandsgerechte Auftragsvergabe einbezieht. Nur dann können die Aufträge in einem breiten Wettbewerb mit vielen innovativen Anbietern zu guten Preisen und mit hoher Qualität vergeben und ausgeführt werden.
Was wollen wir erreichen?
Bei der Ausschreibung von Straßen- und Ingenieurbauleistungen muss durch die Öffentlichen Auftraggeber stärker das Instrument des Nebenangebots statt der funktionalen Ausschreibung genutzt werden. Die Zulassung von Nebenangeboten bietet gegenüber funktionalen Ausschreibungen viele Vorteile:
- Der Auftraggeber gibt ein detailliertes Leistungsverzeichnis vor, ermöglicht es aber jedem Unternehmer, eigene Planungsideen in Form von Nebenangeboten in den Wettbewerb einzubringen.
- Der Bieter wird nicht zu Planungsleistungen, auf die er meist nicht eingerichtet ist, verpflichtet. Er kann selbst entscheiden, ob er auf das Leistungsverzeichnis des Auftraggebers anbietet, oder ein Nebenangebot abgibt.
- Der Bieterkreis vergrößert sich um all die innovativen und fachkundigen kleinen und mittleren Unternehmen, die sich bei einer funktionalen Ausschreibung nicht am Vergabeverfahren beteiligen können.
- Mehrfachplanungen werden vermieden, knappe Planungsressourcen werden geschont.
- Der Auftraggeber erhält eine ausreichende Zahl an Hauptangeboten und zusätzlich innovative Nebenangebote, die ihm alternative Ausführungsvarianten aufzeigen.
Weil der Auftraggeber bei einer funktionalen Ausschreibung keinen detaillierten Leistungskatalog vorgibt, sondern die zu erbringende Leistung nach dem zu erreichenden Ziel beziehungsweise der Funktion des Bauwerks definiert und die konkrete Ausgestaltung der Leistung dem Bieter überlässt, hat das Instrument der funktionalen Ausschreibung gegenüber der Zulassung von Nebenangeboten entscheidende Nachteile:
- Allen Bietern, die sich an der Ausschreibung beteiligen, entstehen durch ihre Planungsleistungen erhebliche Kosten, für die der Auftraggeber auch alle Bieter angemessen entschädigen muss. Der Auftraggeber kann auf eine eigene Planung trotzdem nicht verzichten, da er die Angebote sonst nicht werten kann.
- Sie schränkt den Wettbewerb zulasten kleiner und mittlerer Unternehmen ein, die die geforderten Planungsleistungen selbst nicht erbringen können. Der Bieterkreis reduziert sich auf große Unternehmen mit eigener Planungsabteilung.
- Sie birgt für den Auftraggeber Risiken. Er muss bei einer funktionalen Ausschreibung sämtliche Leistungen für das Bauvorhaben in einem sehr frühen Projektstadium definieren und vertraglich festlegen. Da er die Leistung zu diesem Zeitpunkt aufgrund fehlender Planung nicht detailliert beschreiben kann, verursachen die hierdurch entstehenden Auslegungsspielräume das Risiko von Baumängeln, Mehrkosten und Konflikten.
- Sie kann die Qualität der Bauleistungen beeinträchtigen. Denn sobald der Auftraggeber die Planungsverantwortung abgibt, werden Standard und Qualität maßgeblich vom Bieter entwickelt und vorgegeben.
- Sie schränkt die Vergleichbarkeit der Angebote im Hinblick auf Qualität und Wirtschaftlichkeit ein. Das vergrößert das Risiko, dass nicht die technisch beste und wirtschaftlichste Lösung realisiert wird.
Foto: Josef Rädlinger Unternehmensgruppe